Norditalien wegen Coronavirus abgeriegelt
ROM - Im Kampf gegen die Coronavirus-Epidemie hat Italiens Regierung zu in Europa beispiellosen Massnahmen gegriffen: Rom erliess am Sonntag ein grundsätzliches Ein- und Ausreiseverbot für die mehr als 15 Millionen Einwohner der Regionen im Norden des Landes, zu denen auch die Wirtschaftsmetropole Mailand (Milano) und der Touristenmagnet Venedig gehören.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) begrüsste die Massnahmen und erklärte, die Italiener schützten ihr Land und die Welt.
Italiens Regierungschef Giuseppe Conte erklärte via Twitter, die Abriegelung grosser Teile Norditaliens gelte von Sonntag an bis zum 3. April. Dadurch soll die weitere Ausbreitung der Epidemie eingedämmt werden.
Betroffen von den Massnahmen sind die Region Lombardei und 14 Provinzen. Diese seien Modena, Parma, Piacenza, Reggio Emilia, Rimini, Pesaro und Urbino, Alessandria, Asti, Novara, Verbano Cusio Ossola, Vercelli, Padua, Treviso und Venedig, sagte Conte. Damit treffen die Ein- und Ausreiseverbote mehr als 15 Millionen Menschen.
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Ausnahmen in dringenden Fällen
Ausnahmen bei dem grundsätzlichen Ein- und Ausreiseverbot sind nur aus dringenden beruflichen oder familiären Gründen und in gesundheitlichen Notfällen möglich. Die Rückkehr etwa von Touristen an Wohnorte ausserhalb der betroffenen Regionen bleibt erlaubt, ebenso die Rückkehr von Menschen an ihre Wohnorte in den Regionen.
Innerhalb der sogenannten roten Zone sind Fahrten nur eingeschränkt erlaubt; Sicherheitskräfte können die Fahrer kontrollieren und eine Begründung verlangen. Für den öffentlichen Verkehr gelten hingegen keine spezifischen Einschränkungen.
Der Flugverkehr in Mailand und Venedig schien am Sonntag nicht beeinträchtigt, an den Bahnhöfen herrschte normaler Betrieb. Die Grenzen zu Österreich und Slowenien sowie zur Schweiz blieben offen. Die SBB teilte am Sonntag mit, dass die grenzüberschreitenden Züge von und nach Italien nach Fahrplan verkehrten.
Die Schweizer Regierung stehe in Kontakt mit den Tessiner und den italienischen Behörden, um die Situation ständig zu evaluieren und entsprechend zu reagieren, twitterte Bundesratssprecher André Simonazzi am Sonntag.
Zweites Todesopfer in der Schweiz
In der Schweiz forderte das Coronavirus ein zweites Todesopfer. Es handelt sich um einen 76-jährigen Mann aus dem Kanton Basel-Landschaft. Bereits am vergangenen Donnerstag starb im Kanton Waadt eine 74-jährige Frau an den Folgen des Coronavirus. Seit Freitagabend ist die Zahl der bestätigten Coronavirus-Fälle in der Schweiz um 71 auf 281 gestiegen.
Die italienische Regierung ordnete auch ein Verbot von kulturellen, sportlichen und religiösen Veranstaltungen an. Museen, Kinos und Theater sollen landesweit geschlossen bleiben. Die Schulen und Universitäten sind bereits seit Donnerstag in ganz Italien geschlossen.
Papst spricht per Live-Stream
Wegen der Epidemie sprach der Papst am Sonntag erstmals nur per Live-Stream zu den Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom. Er sei "nah" bei den Kranken und dem medizinischen Personal, das die Menschen betreue, sagte Franziskus. Es fühle sich aber "etwas merkwürdig" an, dass er das traditionelle Angelus-Gebet diesmal von seiner Bibliothek aus spreche, sagte er.
Das neuartige Coronavirus, das die Lungenkrankheit Covid-19 auslöst, hat sich mittlerweile auf fast 100 Länder ausgebreitet. Weltweit wurden mehr als 107'000 Infektionen und mehr als 3600 Todesfälle registriert. Mit rund 5900 nachgewiesenen Infektionen und mehr als 230 Todesopfern ist Italien das am schwersten von der Epidemie betroffene Land Europas.
Rückläufige Neuinfektionen in China
In China, wo das neuartige Coronavirus im Dezember erstmals aufgetreten war, gab es derweil die Hoffnung auf ein Ende der drastischen Quarantäne-Massnahmen. Mit 44 Neuinfektionen war diese Zahl am Sonntag nach offiziellen Angaben erneut rückläufig. Mit 27 neuen Todesopfern - alle in Hubeis Hauptstadt Wuhan - meldete das Land die geringste Opferzahl seit mehr als einem Monat. Insgesamt starben damit in Festlandchina 3097 Infizierte.
Auch Südkorea verzeichnete einen Rückgang bei den Neuinfektionen; am Sonntag wurden dort 272 neu Infizierte registriert, deutlich weniger als die bisher täglich rund 500 neuen Fälle. Der Iran hingegen meldete am Sonntag einen Anstieg um 49 Todesfälle auf 194 innert 24 Stunden. Die Gesamtzahl der gemeldeten Infektionen lag bei 6566. Die nationale Fluggesellschaft Iran Air stoppte bis auf weiteres alle Flüge Richtung Europa.
Quelle: SDA / Keystone - 08.03.2020, Copyrights Bilder: © 2020 Pixabay
